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Chinesische Diätetik


Jede Krankheit hat mehrere Väter, die Mutter ist immer die falsche Ernährung  (alter chinesischer Spruch)
 
In der alten chinesischen Kultur spielte die gesunde ausgewogene Ernährung eine extrem wichtige Rolle. Eine gesunde Ernährung diente zur Vorbeugung von Krankheiten, stärkte allgemeines Wohlbefinden, Stärkung der Körperenergie und Abwehrkräfte, wie auch Therapie der akuten und chronischen Krankheiten. Entsprechend entwickelten die alten Chinesen spezielle Kochrezepte, die als Arzneimittel angewendet wurden bereits vor circa 3000 Jahren, in der Zeit der Zhou‑Dynastie, 11. Jahrhundert bis 221 vor Christi. In diesem Zeitraum gab es schon Ärzte für gewöhnliche Krankheiten (Jiyi), Wundärzte (Chirurgen‑Yangyi), Tierärzte (Shouyi) und Ärzte für Diätetik (Shiyi). Die Ärzte für Diätetik praktizierten die Ernährungstherapie (Shilao) und ihre Hauptaufgabe war für das leibliche Wohlbefinden und die Gesundheit des Königs zu sorgen. Dafür mussten sie die Verantwortung tragen. Durch ihre Erfahrung entwickelte sich später die allgemeine Ernährungslehre in der chinesischen Medizin.

Die chinesische Arzneimittellehre - Kräutertherapie und Diätetik - haben einen gemeinsamen Ursprung und Jahrtausende lang gab es kaum Unterschiede in der Kochrezeptur für Arzneimittel oder Lebensmittel. In der Tang‑Dynastie 618 bis 907 nach Christi trennten sich das erste Mal die Arznei‑ und Ernährungstherapie als jeweils eine eigenständige Säule der traditionellen chinesischen Medizin. Von diesem Zeitpunkt an findet sich in der alten chinesischen Literatur das erste Mal auch ein eigener Begriff für die Diätetik und sie wird weiterhin als Ernährungstherapie "Shiliao" oder "Shizhi" bezeichnet. Bekanntester Ast in der Tang‑Dynastie Sun Si‑Miao hat gesagt: "Der hervorragende Arzt verändert zuerst die Ernährung und die Lebensführung des Patienten. Erst wenn dies nicht ausreicht, sollen Kräuter und Akupunktur angewendet werden." Schon in diesen Urzeiten haben die alten Chinesen gewusst, dass für das Wohlbefinden, der Vorbeugung von Kranheiten und Heilung der Krankheit eine Änderung des Essverhaltens sowie der Lebensweise entscheidend ist. So wird für jeden Patienten eine individuelle Diätempfehlung erstellt, die gleichzeitig eine sinnvolle Ergänzung zur Therapie ist und die gleichzeitig eine vorbeugende Maßnahme gegen weitere Erkrankungen beinhaltet.
In der alten chinesischen Medizin wird jedes Nahrungsmittel wie ein Medikament betrachtet . Entsprechend für jedes Nahrungsmittel wird in der chinesischen Diätetik seine Wirkung allgemein auf den ganzen Körper wie auch speziell für jedes innere Organ beschrieben. In der traditionellen chinesischen Medizin bestehen 3 Schätze: Shen (Geist), Qi (Energie) und Jing (Substanz): Materielles, Organe und Gewebe. Um diese Schätze zu unterstützen und zu pflegen sowie zu stärken, ist es extrem wichtig, sich ausgeglichen zu ernähren. Eine Therapie erfolgt vom Arzt mit der Akupunktur wie auch andere medizinische Maßnahmen. Diese sind abhängig vom Zustand dieser drei Schätze, die hauptsächlich unterstützt werden von Energie aus der Mitte des Körpers, die im Magen und der Milz produziert werden. In der traditionellen chinesischen Medizin beinhaltet die Milz zwei Organe und zwar die Milz und die Bauchspeicheldrüse. Hauptquelle für das nachgeburtige Qi ist die Energie aus den Nahrungsmitteln, das sogenannte Gu‑Qi.
  
Zur Entwicklung und Aufrechterhaltung dieser Energie ist die Funktion von Milz und Bauchspeicheldrüse verantwortlich. Entsprechend ist in der traditionellen chinesischen Medizin, die Stärkung der Mitte und dadurch Stärkung aller anderen Funktionskreise in unserem Körper entscheidend sowie das Wohlbefinden und die Heilung. Während der Jahrtausende haben sich entsprechend die allgemeinen Regeln zur Bewahrung und Stärkung des Qi ‑ der Mitte - entwickelt. Die allgemeine Regel für eine gesunde Ernährung sagt: "Meiden von kalten Speisen und Getränken, vor allem eisgekühlte Getränke, Eiscreme (schwächt die Wärme in der Milz und Niere), meiden von zu viel Trinken während den Mahlzeiten (schwächt die Milz, verdünnt die Verdauungsenzyme), Esskultur pflegen; das Essen soll für das Auge schön sein, wie auch das Ambiente; man soll sich auf das Essen konzentrieren. Die Ernährung soll Genuss bereiten und Freude machen. Man sollte nichts essen in Stresssituationen, weil man dadurch die Kontrolle über die gegessene Nahrungsmenge verliert und dies schwächt die Milz als auch den Magen.

Regelmäßig essen ist entscheidend und zwar drei Hauptmahlzeiten und eventuell zwei kleine Zwischenmahlzeiten. Auf diese Weise wird Heißhunger und ein Essanfall vermieden. Meiden von zu viel Rohkost, da diese die Organe kühlt und die Milz schwächt." Meiden von Übertonung einzelner Geschmacksrichtungen in der alltäglichen Ernährung, zum Beispiel zu viel Süßes, schwächt die Milz und steigert die Feuchtigkeit im Körper, zu viel Salziges, schwächt die Nieren etc. Langsam essen, gut kauen, mindestens 10‑mal jeden Bissen kauen. Ein chinesisches Sprichwort sagt:"Feste Nahrung muss man trinken, flüssige beißen!" Oder oben weich, im Mund gut gekaut. Unten hart, Stuhl wird fest. Oben hart, Nahrung ist nicht gekaut. Unten weich, Stuhl wird weich ‑ durchfällig." Letzte Mahlzeit bis spätestens 19.00 Uhr, zu spät essen führt zu Nahrungsmittelstagnation im Magen und entwickelt Feuchtigkeit und Schleim im Körper. Meiden zu wenig zu essen ‑ hungern oder fasten (schwächt Magen‑ und Milzenergie und führt damit zu Blutschwäche etc.). Ernährung mit den Jahreszeiten abstimmen, essen Sie saisonales Obst und Gemüse. Im Sommer mehr Nahrung mit kühlender Wirkung ‑ Früchte, Salat, Säfte. Im Herbst und Winter mehr erwärmende Speisen ‑ wie Fleisch, Nüsse, Hülsenfrüchte und Trockenobst. Durch falsche Ernährung entsteht Magen‑ und Milz‑Qi‑Mangel. Dieser äußert sich durch Erschöpfung, Müdigkeit, Muskelschwäche, Appetitmangel, Blähungen und breiige Stühle. Um diesen Energiemangel zu heilen muss die Ernährung schrittweise umgestellt werden, damit die geschwächten Organe genügend Zeit für die Wiederherstellung der erzeugenden Energie und Kraft haben.
 
"Frühstücke wie ein König, Mittagessen teile mit deinen Freunden, Abendessen gib deinen Feinden." Chinesisches Sprichwort
 
Durch Jahrtausend lange Erfahrung in Forschung und Lehre haben die chinesischen Ernährungslehrer und Mediziner eine Klassifizierung aller Nahrungsmittel nach folgenden Qualitäten durchgeführt.
 
1. Die 5 Temperaturverhalten der Nahrungsmittel: kalt, kühl, neutral, warm, heiß. Die 5 Temperaturverhalten der Nahrungsmittel bezieht sich nicht ganz genau auf die aktuelle Temperatur der Speisen in Grad Celcius, sondern individuell auf das jeweilige Nahrungsmittel und die energetische Wirkung auf den Körper, d.h. Nahrungsmittel werden klassifiziert wie, warm und heiss; die eine Yang‑Wirkung zeigen, wirken erwärmend auf die Organe ‑ dient zur Behandlung von Kältesymptornen durch die Yang-Eigenschaften und somit dynamisierend und bewegend, beeinflußt das Qi und stärkt die Yang‑Wärme im Körper. Zu wärmenden und heissen Nahrungsmitteln gehören Gewürze, Alkohol, Kaffee, Kakao, einige Fleischsorten etc. Durch die spezielle Speisezubereitung zum Beispiel dem Grillen, kann sich die Yang‑Komponente der Nahrungsmittel noch verstärken. Das Temperaturverhalten neutral hat milde, ausgleichende Wirkung. Das Temperaturverhalten kühl und kalt stärkt das Yin im Körper, hat eine kühlende und erfrischende Wirkung, wirkt beruhigend auf den Geist (zum Beispiel das Weizen), leitet Feuer und Hitze aus dem Körper, Entgiftungsfunktion bei toxischer Hitze im Körper, zum Beispiel Tofu, Stärkung von Yin‑ und Ye‑Körpersäfte (Gemüse, Obst, Milchprodukte, Salate, etc.). Bei einer übermäßigen Verwendung von heißen und warmen Lebensmitteln entsteht eine innere Hitze, die zum Beispiel Ekzeme, Furunkel, Ulcera, Tonsillitis etc. hervorruft. Kalte und kühlende Nahrungsmittel im Übermaß genossen erzeugen innere Kälte und Feuchtigkeit zum Beispiel ständiges Frieren, Adynamie (Energiemangel / Kraftmangel), geschwollene Hände und Füße etc. Neutrale Lebensmittel zeigen eine milde harmonisierende und ausgleichende Wirkung. Zu diesen Nahrungsmittel gehören die meisten unserer Grundnahrungsmittel; diese stärken das Qi und werden bei Hitze‑ und auch bei Kältestörungen eingesetzt. Das Temperaturverhalten lässt sich mindern oder verstärken durch küchentechnische und kochtechnische Verfahren und den Zubereitungsarten. Yangisieren der Nahrung durch zerkleinern, schneiden, reiben, garen, grillen, rösten, braten etc.. Yingisieren der Nahrungsmittel durch Einweichen, Kochen in viel Wasser oder mit Salz, Pökeln, einfrieren etc.
 
2. Die 7 verschiedenen Geschmacksrichtungen: Es bestehen oft mehrere Geschmacksempfindungen für ein Nahrungsmittel, nicht nur ein Geschmack. Bei der Kombination von gleichem Geschmack verstärkt sich die Grundtendenz. Es bestehen 7 Geschmacksrichtungen: süß, scharf, bitter, sauer, salzig, neutral und adstringend.

Dieser Yin‑Aspekt der Nahrungsmittel hat Bezug zu jedem inneren Organ, so zum Beispiel "sauer" Geschmack zu Leber/Gallenblase, "salzig" zu Niere/Harnblase, "scharf' zu Lunge/Dickdarm, "bitter" zu Herz/Dünndarm, "süß" zu Milz/Magen. In kleinen Mengen, der jeweiligen zugeordnete Geschmacksrichtung stärkt das Organ, zu viel und in Übermaß genossener Geschmack schadet dem entsprechenden Organ, wie zum Beispiel zu viel Süßes schwächt Milz, zu viel Scharfes schwächt die Lunge etc.
 
3. Wirkung auf die Funktionskreise ‑ auf die inneren Organe
Jedes Nahrungsmittel hat die Wirkung auf eines oder mehrere innere Organe, vor allem ist es wichtig zu wissen, welches Nahrungsmittel wirkt auf welches Organ.
 
4. Wirkrichtung
Wie aufsteigend, absenkend, schwebend, einsinkend.
Diese energetische Eigenschaft zeigt uns den Einfluss entsprechender Lebensmittel auf die
Bewegungsrichtung des Qi im Körper.

a) Aufsteigende Wirkung bewegt und hebt das Yang nach oben und hat Bezug zu den Geschmacksrichtungen süß und scharf.
b) Schwebende Wirkung hat einen aufsteigenden und eine aufwärtsgerichtete Qualität zur Oberfläche des Körpers, wirkt schweißtreibend und entgiftend. Dieser hat Bezug zur Geschmacksrichtung süß und scharf, zum Beispiel Glühwein.
c) Absenkende, sinkende Wirkrichtung ist abwärts und einwärts gerichtete Richtung zum Körperinneren ausgerichtet, mit dem Ziel, das Qi und die Körperflüssigkeiten zu bewahren, vor allem bei übermäßigem Schwitzen, frühzeitiger Ejakulation, unruhiger Foetus (Abortusgefahr!). Diese Wirkrichtung geht meist mit sauer und wenig mit dem bitteren und salzigen Geschmack einher.
d) Fallende, einsinkende Wirkung zeigt sich durch das Ziehen nach unten, womit laxierende und entwässernde Wirkung erzielt wird. Diese wirken gegen nach oben ziehende Symptome wie Übelkeit, Husten, Kopfschmerzen, Verstopfung etc. Diese Wirkrichtung haben am meisten intensives Bitter, wie zum Beispiel Espresso, Bittersalz oder salzig schmeckende Nahrungsmittel.
 
Aus oben Genanntem sehen Sie, dass die chinesische Diätetik eine Wissenschaft für sich ist. Der Mensch wird als eine Einheit betrachtet mit seinen spezifischen Beschwerden und Krankheiten. Durch die verschiedene Nahrungsmittelauswahl, die Art der Zubereitung von Nahrungsmitteln wird entsprechenden Krankheiten vorgebeugt oder diese werden geheilt. Es ist wichtig, dass sich der Mensch nach den Jahreszeiten ernährt, dass alle Geschmacksrichtungen mehr oder weniger im Menü vorhanden sind, sowie auch Nahrungsmittel mit verschiedenem Temperaturverhalten und entsprechenden Farben. Es bestehen Zubereitungsarten mit erwärmender Wirkung wie auch kühlender Wirkung und spezielle Zubereitungsarten wie Kochen mit Honig, Alkohol, Ingwer, Essig, Salz, etc. Bei der tagtäglichen Ernährung benützen die Chinesen das schonende Kochverfahren wie Dünsten, Kochen im Wok und Dampf. Die sogenannte yinisierende (kühlende)Zubereitungsart mit viel Wasser wird bei Hitze‑Symptomen angewendet, um den Körper abzukühlen. Die yangisierende (erwärmende) Zubereitungsarten wie braten, grillen, rösten oder backen, wie auch langes Kochen über mehrere Stunden und Tage, stärkt die Energie und das Yang im Körper.

Die chinesische Diätetik ist eine Kunst für sich. Die Nahrungsmittelauswahl, Zubereitungsart, Geschmack und die Kombination von Nahrungsmitteln erfolgt immer nach individuellen Eigenschaften des Patienten und seiner Erkrankung und sind Bestandteil sowie untrennbarer Teil in der Behandlung bei der traditionellen chinesischen Medizin. Eine falsche Beratung in der chinesischen Diätetik kann die Krankheitssymptome verschlimmern; um das zu vermeiden ist es wichtig, dass der Arzt eine entsprechend kompetente Ausbildung und Erfahrung in der chinesischen Ernährungsberatung nachweist.
 
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